Der Schatten von Berlin

„Der Schatten von Berlin“, der zweite Band der Felix Blom-Reihe von Alex Beer, entführt uns erneut faszinierend in das Berlin des Jahres 1879. Es ist zwar kein literarisches Meisterwerk und kann für mich nicht an den ersten Band anknüpfen, doch der Autorin gelingt es, die düstere Atmosphäre Berlins gekonnt wieder einzufangen. Mit präzisen, fast filmischen Beschreibungen wird die Szenerie lebendig gemacht. Die eisige Kälte, die Armut und die Lebensumstände der Menschen, die eigentlich nur ausgebeutet werden, sind erschütternd. Dazu kommt das soziale Erwachen mit der Arbeiterbewegung, die durch das Sozialistengesetz von 1878, maßgeblich beeinflusst von Kaiser Wilhelm I., geprägt ist. Dieses Gesetz war ein bedeutender Versuch der Regierung, die sozialistischen Bewegungen zu unterdrücken.

Es wird hier deutlich, in welchem Pulverfass wir uns befinden und dass in dieser Zeit Weichen gestellt wurden, deren Auswirkungen noch heute nachwirken. Diese Entwicklungen wurden mit dem Blut unzähliger Menschen bezahlt, die in den Kämpfen um soziale Gerechtigkeit und politische Veränderung ihr Leben ließen. Dies bildet den Ausgangspunkt, an dem wir mit unserem Kriminalroman ansetzen, und unsere Geschichte entfaltet sich in diesem historischen Kontext.

Doch irgendwie fehlt dieser Erzählung der rote Faden, der all diese verschiedenen Elemente miteinander verbindet. Es gibt viele interessante Ideen, die angedeutet werden, aber ohne klare Ausrichtung verblassen sie und bleiben oberflächlich. Der Roman gewinnt dadurch nie wirklich an Tiefe, und viel Potenzial bleibt ungenutzt. Besonders bei den zwei Ermittlern, die als Gegenspieler des Hauptprotagonisten fungieren – zusammen mit dem neuen Ermittler – hätte ich mir eine stärkere Dynamik und eine tiefergehende Entwicklung gewünscht. Doch diese Interaktionen bleiben flach und wenig überzeugend. Gerade in diesem Bereich hatte ich Großartiges erwartet, doch das wollte einfach nicht sein.

Das Buch ist jedoch gut geschrieben und glänzt durch angenehme Kapitellängen, die den Lesefluss unterstützen. Trotz der Schwächen in der Charakterentwicklung und der teilweise etwas blassen Erzählstruktur bleibt es ein solider Kriminalroman, der vor allem durch seine eindrucksvolle Schilderung des historischen Berlins zu überzeugen weiß. Hätte die Geschichte an einigen Stellen mehr Fokus und Tiefe erhalten, wäre ein noch stärkeres Gesamtbild entstanden.

Trotz der genannten Schwächen bleibt es ein gutes Buch, das zu unterhalten weiß. Insgesamt ist „Der Schatten von Berlin“ ein gelungenes Werk, das mit seiner historischen Atmosphäre und den politischen Themen auf jeden Fall fesseln kann – auch wenn es in einigen Bereichen noch Potenzial nach oben hat. Wer historische Krimis liebt und sich für das Berlin des 19. Jahrhunderts interessiert, wird hier auf seine Kosten kommen. 📚✨

Buchinformation
Der Schatten von Berlin
Alex Beer
Limes Verlag
2023
ca. 336 Seiten


Lust auf mehr Bücher? Meine Bücherliste bietet zahlreiche weitere Rezensionen und Empfehlungen für jeden Lesegeschmack.

Nach oben scrollen